Viele Menschen erleben die Europäische Union als anonyme Institution, deren Akteure entweder unbekannt sind oder sich von ihren Bürgern entfernt haben. Um diesem Vorurteil zu begegnen, haben die Jungen Europäischen Föderalisten Trier (JEF) die Vortragsreihe „Lerne deinen Abgeordneten kennen“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Projektes empfängt sie in unregelmäßigen Abständen Abgeordnete des Europäischen Parlamentes (EP) aus der Region und lädt alle Triererinnen und Trierer ein, diese in ungezwungener Atmosphäre kennenzulernen und zu befragen.
Als erste Parlamentarierin folgte Jutta Steinruck (S&D, SPD) dieser Einladung. Am 28. Oktober stellte sich die 48jährige im Café Lübke den Fragen der Teilnehmer. Vor circa 30 Teilnehmern berichtete sie über ihren beruflichen Werdegang, ihre Arbeit im EP, aktuelle politische Problemstellungen und vermittelte Einblicke hinter die Kulissen des Parlamentes.
Ihren Platz im EP fand Steinruck nach eigener Aussage über Umwege. Ursprünglich im Personalbereich eines großen mittelständischen Unternehmens beschäftigt, wechselte sie zum Deutschen Gewerkschaftsbund und kandidierte für den Stadtrat ihrer Heimatstadt Ludwigshafen. Sie sah darin „die Chance, etwas zu gestalten“ und zögerte aus diesen Motiven auch nicht, als an sie eine Kandidatur für den rheinland-pfälzischen Landtag und schließlich das Europäische Parlament herangetragen wurde.
Auch sie nehme einen oftmals mangelhaften Kontakt zwischen Europa-Parlamentariern und Bürgern wahr, so Steinruck. Vieles in Brüssel und Straßburg wirke „nicht so anfassbar“, umso lieber komme sie zu Veranstaltungen wie „Lerne deinen Abgeordneten kennen“. Ihren persönlichen Bürgerkontakt stelle sie vor allem über die sozialen Netzwerke im Internet her wie ihre Facebook-Seite oder ihren Blog. „Auf diese Weise erhalte ich viele Bürgerkontakte, Anfragen und Rückmeldungen“, betont Steinruck. Ihrer Meinung nach senke diese Form der Kontaktaufnahme die Hemmschwelle bei den Bürgern, sich an die Parlamentarier zu wenden – mit allen positiven wie auch negativen Konsequenzen.
Die anschließende Debatte war ein Streifzug durch alle Facetten der europäischen Sozialpolitik. Steinruck berichtete aus ihrer täglichen Arbeit im Europäischen Parlament und ging auf Anmerkungen des sehr aktiven Plenums ein, das sie vorher aufgefordert hatte, bei Problemen oder Fragen sofort nachzuhaken. Insbesondere erläuterte sie die Verknüpfungen zwischen der Bundes- und der Europapolitik sowie die Schwierigkeiten, die sich aus den Beziehungen der verschiedenen politischen Ebenen ergeben. Auch aktuelle Fragen wie der Beitritt der Türkei zur EU (den die Rednerin befürwortet), Energiesicherheit oder Rohstoffsicherung in der Zukunft wurden angeschnitten.